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Frühling

Donnerstag, 28. März, 19 Uhr: SHARED READING mit Carsten Sommerfeldt. Stammgäste dieses besonderen Lesekreises haben sicher schon Entzugserscheinungen. Alte wie neue Gäste sind herzlich willkommen! Mehr zum Ansatz von SHARED READING hier.

Do, 4. April, 19 Uhr: Im Gespräch mit der Künstlerin Hannelore Teutsch in der Galerie Fenster (Prignitzer Str. 50), deren Malereien im Rahmen der 22. Austellung in den oberen Räumen der Galerie zu sehen sind. Diese und die 23. Ausstellung mit Zeichnungen von Johannes Regin sind noch bis zum 5. Mai geöffnet.


Der schöne Briefkasten, zu finden an der Spechthausener Straße. Hier waren echte Künstler am Werk.

So, 7. April, 11 Uhr: 4. KUNST-spaziergang im Brandenburgischen Viertel mit Gudrun Sailer. Treffpunkt: Galerie Fenster, Prignitzer Str. 50.

Livestream der aktuellen Stadtverordnetenversammlung.


Neuer Boxenstopp-Schülerclub

Mit hochrangigen und zahlreichen Gästen, darunter Friedhelm Boginski, Bürgermeister der Stadt Eberswalde, und Prof. Dr. Ulrike Kostka, Direktorin des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin e. V., wurde am 14. Oktober an der Grundschule Schwärzesee im Brandenburgischen Viertel der Start des neuen Boxenstopp-Schülerclubs gefeiert.

Im Rahmen eines feierlichen Festaktes in der vollbesetzten Aula der Schule erhielten die ersten 19 Schülerinnen und Schüler aus der Hand der beiden Ehrengäste ihre roten beziehungsweise grünen Pullis und ein kleines Geschenk des Landespräventionsrates.

Die Mitgliedschaft im neuen Schülerclub ist eine Auszeichnung für Schülerinnen und Schüler, die sich als Vorbild an der Schule positiv verhalten haben und sich jetzt auch dafür einsetzen wollen, daß sich das Klima an der Schule weiter verbessert und daß Anregungen und Ideen aus der Schülerschaft umgesetzt werden.

Nach dreijährigem Umbau ist nun das erfolgreiche Boxenstopp-Schulprogramm fertig entwickelt und soll verstärkt auch anderen Schulen angeboten werden.

Dr. Stefan Schanzenbächer – 29. Oktober 2016


Rede der Schulleiterin ANKE BILLING am 14. Oktober:
10 Jahre Boxenstopp

Als ich vor 10 Jahren den Namen »Boxenstopp« hörte, hat mich das an den großen Rennzirkus erinnert, die Formel 1, welche auf der ganzen Welt bekannt ist. Schnelle Autos, viel Geld, tolle Fahrer und große Schlagzeilen können nicht schaden, dachte ich damals ... wenigstens einen Hauch davon an der Grundschule Schwärzesee im Brandenburgischen Viertel.

Es kam alles anders. Zuerst betraten Dr. Stefan Schanzenbächer und Frank Bestritzki die Rennarena in unserer Schule. Sie versuchten, sich mit ihren Ideen von einer besseren, einer gewaltfreien Schule, in der Konferenz der Lehrkräfte im Jahr 2006 warm zu laufen. Nur knapp entkamen sie einem Ausscheiden in der Qualifikationsrunde. Die Lehrerinnen und Lehrer waren wenig überzeugt, irritiert von den theoretischen Ansätzen und den weitgehenden Zukunftsträumen von Stefan und Stritz.

Irgendetwas bewegte mich an ihrer Vorstellung: vielleicht war es gerade das Ungewisse oder die Zukunftsvisionen oder meine Neugier oder meine Einstellung, auch mal andere, als die vorgeschriebenen Wege einzuschlagen, auszubrechen, Neues zu entwickeln - für die Kinder hier im Brandenburgischen Viertel und gemeinsam mit den Kindern. Naja, ich gebe es zu, ein wenig hoffte ich immer noch, daß Boxenstopp uns ein wenig von dem Glamour der Formel 1 verschaffte...

Deshalb gab es ein, ich glaube im Sport heißt es: Managertreffen. Stefan Schanzenbächer konnte man wohl so bezeichnen, mich nicht. Ich war Lehrerin und hatte mich bereiterklärt, das Projekt irgendwie in die nächste Runde zu bringen und es den Kollegen schmackhaft zu machen. Stefan beherrschte die Theorie, ich die Praxis. Das schien eine gute Mischung, wie das bleifreie Superbenzin für die Rennwagen.

Wir bereiteten das nächste Treffen gemeinsam vor. Das zweite Qualifying überstand Stefan in der Konferenz der Lehrkräfte und war im Rennen. Schnell fanden sich einige Teammitglieder für das Boxenstopp-Team, allen voran Elke Merta, die die letzten zehn Jahre durch alle Höhen und Tiefen gegangen ist. Mit ihrer sagenhaften Schulkleidung könnte sie im Rennzirkus an der Strecke locker mithalten, aber ihre pädagogischen und erzieherischen sowie menschlichen Qualitäten waren und sind noch überzeugender. Ich danke dir von Herzen für die gemeinsame Zeit und bin froh, dich jeden Tag gesund in unserem Team zu wissen.

Wir hatten in der Teamgruppe stundenlange Diskussionen, zweiundvierzig Ideen auf einmal und keine Fahrer, die wir auf die Rennstrecke schicken konnten, bis auf uns. Also gründeten wir einen Schülerclub: die härtesten Kinder mit dem schlechtesten Benehmen und die vorbildlichsten. Wir fanden, daß das eine gute Mischung war, unser Treibstoff, mit dem wir die Schule umgestalten wollten. Unser erstes Trainingslager führte uns nach Blossin ins Zeltlager. Und es war wie immer: Stefan führte Renntagebuch, legte neue Ziele und Strategien fest, notierte sie auf Flipcharts und erklärte das Reglement. Das trieb er bisweilen soweit, daß die ersten Fahrer übermüdet in der Abendsitzung einschliefen. Stritz brachte uns praktisch zusammen: Klettern, Inliner fahren, Segeln, Sport- und Teamspiele formten aus einer zusammengewürfelten Kinderschar einen wahren Schülerclub.

Wir fanden Sponsoren, die für das passende Outfit sorgten, farbige T-Shirts, die es galt, sich zu erarbeiten mit vorbildlichem Verhalten und Einsatz für die Schulgemeinschaft.

An dieser Stelle sei der Caritas für das Erzbistum Berlin; dem Ministerium für Bildung, Jugend und Sport und dem Landespräventionsrat für die finanzielle und personelle Unterstützung des Projektes gedankt.

Unermüdlich konnte man Stefan und Stritz nun im Hauptstützpunkt, der Grundschule Schwärzesee, im Einsatz sehen. Neue Teammitglieder mußten gefunden werden, Hofregeln entstanden, Punktelisten kursierten ... es war eine rasante Zeit und endlich konnten wir wirklich mal Gas geben, beim Kartfahren im Verkehrspark direkt neben der Schule. Für mich war das ein riesiges Erlebnis: im Kart sitzen, Spaß haben und... da war es wieder, das Gefühl vom großen Rennzirkus, das Besondere, das Abenteuer. Die jubelnden Zuschauer konnte man sich ja erträumen und die Siegesprämie auch, aber das war mir und uns nicht wichtig. Wir hatten unseren Traum von einer gewaltfreien Schule, die vor allem durch die Kinder selbst gestaltet wurde.

Schülerclubtreffen, Freizeitaktivitäten, Vollversammlungen, Plenum, Tutoren, Boxenstoppstunden, Fortbildungen, Teamtreffen, Gespräche, Gespräche, Gespräche, Stufensystem, Supportlisten, Konfrontationen, Erlebnisfahrten und Evaluationen waren lange Zeit an der Tagesordnung. Zwischenzeitlich hatten wir so viele Mitglieder, daß es unsere räumlichen, finanziellen und personellen Kapazitäten überstieg.

So viel Engagement und vor allem sichtbarer Erfolg wurden belohnt:

  • 2011 mit dem Landespräventionspreis,
  • 2012 mit dem 3. Platz bei Schüler mit Wirkung im Land Brandenburg und
  • 2012 mit dem 2. Platz bei der Fit und Fair Trophy in Köln, einem bundesweiten Wettbewerb.

Natürlich waren wir mit den Kindern in Köln und für sie und uns war es ein unvergeßliches Erlebnis. Ich hatte in Köln das erste Mal das Gefühl, daß unser Projekt und unsere schwierige Arbeit anerkannt wurden. Ausgerechnet in Köln, das so weit von Eberswalde entfernt liegt. Wir trafen dort Schauspieler, Sänger, Sportler... die Presse war überall... fast so wie im richtigen Rennzirkus, dachte ich. Jetzt haben wir es geschafft, jetzt fahren wir auf der Überholspur.

Irgendwie haben wir die Schikanen nicht mitbedacht, die der Alltag in unserer Schule mitsichbringt und vor allem die Kinder und Familien in diesem Viertel, die politischen und bildungspolitischen Entwicklungen. Wir hatten einen neuen Weg eingeschlagen, den Schülerclub aufgelöst und Stefan konzentrierte sich auf die Präventionsarbeit in den Klassen. Ein Dankeschön an dieser Stelle an alle Lehrkräfte, die die vielen kleinen und großen organisatorischen und inhaltlichen Arbeiten im Projekt leisten, insbesondere an Frau Buchta, Frau Glawion, Frau Henkel, Frau Metzdorf und Frau Lorenz.

Wir drehen unsere Runden, Schuljahr für Schuljahr, aber bei fehlendem Personal, wechselnden Teammitgliedern, neuen Rahmenlehrplänen, Fortbildungen und den täglichen Anforderungen, die eine Schule mit besonders vielen fremdsprachigen Kindern, sozial benachteiligten Familien und entwicklungsverzögerten Kindern in vielen Bereichen zu bewältigen hat, bleiben die konzeptionelle Arbeit, die Zeit zum Miteinandersprechen und Ideen entwickeln einfach auf der Strecke. Wir werden ausgebremst und überrollt vom Alltag.

Trotzdem haben wir es irgendwie geschafft, 2014 ein Buch zu veröffentlichen, über das Projekt Boxenstopp an der Grundschule Schwärzesee in Eberswalde. Ein Kindheitstraum von mir, den mir die Arbeit mit den Kindern, den engagierten Lehrkräften und das Projekt Boxenstopp ermöglicht haben. Und du, Stefan. Dafür und für alles andere danke ich dir von Herzen. Beim Buchschreiben war es wie immer, du warst für die Theorie zuständig, ich hatte eher den pädagogischen und praktischen Blick darauf.

Und heute? Heute denke ich bei Boxenstopp nicht mehr an den Rennzirkus, die Formel 1. Heute versuche ich im täglichen 11-Stunden-Job ab und zu mal einen wirklichen Boxenstopp einzulegen – 2 Minuten absolute Ruhe oder 10 Minuten in Ruhe Mittagessen. Ich muß es nur noch lernen, nicht, wie in der Formel 1, so wenig Boxenstopps wie möglich einzulegen…

Stefan, Stritz – 10 Jahre unseres Lebens haben wir gemeinsam verbracht. Wir haben gelacht, geweint, geschwiegen, uns angeschrien, diskutiert, Ideen gehabt, sie verworfen, fotografiert, dokumentiert, gefeiert, verabschiedet, geträumt, geschrieben, gedacht, gestrichen, zerrissen, Gas gegeben, gebremst, wir sind geradeaus gefahren, geschlittert, haben uns abgefangen, neu sortiert. Für all die Erfahrungen danke ich euch. Ihr seid Teammitglieder in der Schule geworden, mit Boxenstopp, einem Projekt, das Gewaltprävention, demokratische Mitbestimmung, friedliches Miteinander und soziale Kompetenzen vermittelt, fördert und nachhaltig für das Leben unserer Kinder entwickelt. Anforderungen, die die neuen Rahmenlehrpläne an jede Schule mit den Basiskompetenzen stellt. Lehrkräfte allein schaffen es nicht, so ein Projekt am Laufen zu halten, schon gar nicht an einer Schule wie unserer. Es verlangt nach Sozialarbeitern und zusätzlichen Kräften wie Stefan und Stritz. Das Projekt steht auf der Kippe, weil das Geld ausgeht. Ich habe längst gelernt, daß Boxenstopp, wie die Formel 1, nur mit Geld weitergeht. In der Formel 1 scheint das Geld nie auszugehen, da werden Millionen ausgegeben... für Autos.

Wir lernen mit Kindern, eine, aus meiner Sicht, sichere Geldanlage, wenn man in Kitas und Schulen alles richtig macht. Wäre schön, wenn das die Geldgeber auch erkennen... und der Minister für Bildung des Landes Brandenburg auch.

Er hat heute andere Prioritäten gesetzt: Die Eröffnung der Sumo-Europameisterschaften in Brandenburg an der Havel. Ich hatte nichts anderes erwartet. Im Wahlkampf braucht man positive Schlagzeilen. Da paßt die Grundschule Schwärzesee mit ihrer dauerhaft schwierigen Situation nicht dazu und das zehnjährige Jubiläum von »Boxenstopp« ist nicht großartig genug. Für den Minister nicht, für uns schon...

Heute ist ein besonderer Tag, der Schülerclub wird neu gegründet. Die vorbildlichsten Schülerinnen und Schüler der Grundschule Schwärzesee sind die ersten Mitglieder und werden uns Lehrkräfte in der täglichen Arbeit unterstützen und dazu beitragen, daß unser kleines Reich eine friedliche Welt ist, bleibt und sein wird...


Grundschule Schwärzesee, Kyritzer Straße 29, 16227 Eberswalde
Telefon: 03334 32025 · Telefax: 03334 356415
-- eMail: --
Internet: (www.grundschule-schwärzesee.de)

Siehe auch: hier




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